Der Beruf Webdesigner: Ein Tag in meinem Arbeitsalltag
In einem meiner letzten Artikel bin ich auf den Arbeitsalltag eines Webdesigners eingegangen. Die Resonanz war durchweg positiv und vor allem neugierig. Daher erhältst du nun einen tieferen Einblick in einen meiner typischen Arbeitstage als Webdesigner.
Einen detaillierten Einblick in einen typischen Arbeitstag als Webdesigner
Meine Routine der Vorausplanung, um Produktivität zu steigern und motiviert zu bleiben
Wertvolle Tipps, um das Beste aus deinem Tag herauszuholen
Einleitung
Das wichtigste zuerst: Dies ist ein völlig zufällig ausgewählter Tag. Für gewöhnlich unterscheiden sich meine Arbeitstage doch ziemlich, sodass ich am Ende des Artikels noch eine Zusammenfassung meiner Stundenanzahl angehängt habe.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass andere Webdesigner aus meinem Netzwerk einen komplett unterschiedlichen Lifestyle leben - du solltest diesen Beitrag also nicht unbedingt als "den einen Weg" ansehen. Finde deinen persönlichen Arbeitsstil, so wie er gerade in deine aktuelle Lebenssituation passt.
Meine Arbeitswoche startet am Sonntag und endet Donnerstagabend. Freitag und Samstag gönne ich mir eine Auszeit. Der Sinn dahinter ist denkbar einfach: Ich hasse Sonntage. Alle Geschäfte haben geschlossen, die Straßen sind wie leer gefegt und irgendwie geht gar nichts. Außerdem kann ich sonntags produktiv und ungestört arbeiten - die meisten haben schließlich ihren freien Tag.
Im Laufe der Jahre habe ich für die Morgenstunden eine Routine entwickelt. So läuft quasi jeder Morgen immer gleich ab. Ich muss gar nicht erst darüber nachdenken und Entscheidungen treffen, welche Aufgaben ich zuerst angehe. Ist so eine feste Routine für jeden etwas? Ich denke nicht, es kommt einfach stark auf die eigene Lebenseinstellung an. Arbeitnehmer mit stressigem Arbeitsalltag kann ich eine entsprechende Routine nur ans Herz legen. Selbstständigen Unternehmern sowieso.
Zur Info: Auch wenn ich versuche, Routinen täglich durchzuziehen, so klappt das natürlich nicht immer. Es gibt einfach diese Tage, an denen nichts so läuft, wie man sich es vorgestellt hat.
Vorabend: Tagesplanung & Review
Ich bin ein großer Fan von Listen. Daher habe ich vor einigen Jahren mit Todo-Listen angefangen, welche mir aber schnell langweilig und zu kurzsichtig vorkamen. In einem YouTube-Video stieß ich eines Tages auf die Methode, kurz- und langfristige Ziele zu definieren und diese tagtäglich zu verfolgen. Es ähnelt einer Art Tagebuch, in welchem ich meine Fortschritte jeden Abend festhalte. So gehe ich bei dieser Zielplanung vor:
Jahresziele
Am Ende eines jeden Jahres setze ich mich für ein paar Stunden in Ruhe hin und lege realistische Ziele für das kommende Jahr fest. Diese schreibe in meine App Notion. In meinem Fall sind das Business- und private Ziele. Als Webdesigner könnten das beispielsweise sein:
"Im kommenden Jahr möchte ich 80.000 Euro Jahresumsatz generieren."
Es ist klar und eindeutig, was das Ziel ist: Summe X. Und um dieses zu erreichen müssen Wege gefunden werden, um entsprechenden Umsatz in die Kassen zu spülen (Kundenaufträge, Online-Kurse, Bücher, etc.).
Quartalsziele
Meist liegen große Jahresziele noch weit in der Zukunft, trotzdem müssen sie im täglichen Geschäft angegangen werden. Dafür breche ich diese großen Vorhaben auf und erstelle kleinere Aufgaben aus ihnen. Diese sollten innerhalb von drei Monaten zu erreichen sein. Im oben genannten Beispiel könnte ein Quartalsziel so aussehen:
"Um die 80.000 Euro Jahresumsatz zu erreichen, benötige ich im ersten Quartal einen Umsatz von 20.000 Euro. Dieses Geld erlange ich durch zwei kleinere oder einen großen Kundenauftrag."
Auch wenn es jetzt richtig wild wird, so breche ich auch die Quartalsziele noch einmal in monatliche, wöchentliche und sogar tägliche Ziele herunter. Damit stelle ich auch über einen langen Zeitraum sicher, dass ich nicht im Freiflug unterwegs bin, sondern an den definierten Ziele arbeite.
Die regelmäßige Selbstreflexion gibt mir zudem die Möglichkeit, meine Wünsche und Vorhaben anzupassen, denn oft kommt alles ganz anders, als man denkt.
Jeden Abend nehme ich mir ein paar Minuten Zeit und lasse den Tag Revue passieren. Habe ich meine Ziele erreicht? Welche positiven Dinge sind passiert? Was war nicht so gut? Gleichzeitig plane ich den kommenden Arbeitstag in groben Zügen, priorisiere anstehende Aufgaben, bereite mich auf Meetings vor.
Morgens: Produktive Zeit & Sport
Ich war nie ein Frühaufsteher. Trotzdem habe ich meinen Körper irgendwann umgepolt, weil mir die morgendliche Arbeit enorm guttut. Daher klingelt mein Wecker bereits zwischen 4.30 und 5.00 Uhr am Morgen. In der ersten Stunde vermeide ich es mein iPhone in die Hand zu nehmen, um irgendwelche Nachrichten zu lesen oder Opfer des YouTube Shorts Algorithmus zu werden. Diese Zeit ist superproduktiv, denn so ziemlich jeder andere Mensch schläft und kann dich nicht von meiner Arbeit abhalten. Ich nehme mir also die To-do-Liste zur Brust und arbeite die wichtigsten Punkte ab.
Während dieser Zeit lese und beantworte ich keine Mails - die reißen mich nur aus der produktiven Phase, denn die Antworten zu verfassen dauert oftmals lang und bringt mich keinen Schritt weiter.
Am heutigen Morgen an einem Februartag habe ich mich an die Erstellung eines Website-Prototypen für eine eCommerce Agentur aus China gesetzt. Dafür habe ich Kundenfeedback eingeholt, welches es nun in das Design einzubauen gilt. Die Arbeit geht super von der Hand und nach knapp 90 Minuten sind alle Änderungen vollständig eingearbeitet.
7.00 Uhr - Zeit für Bewegung. Diese ist für Menschen mit überwiegend sitzender Tätigkeit enorm wichtig und wird leider oftmals massiv unterschätzt. Ich habe in den jungen 20ern das Laufen für mich entdeckt und lasse gerne zwischen 10 und 15 Kilometer am Tag hinter mir. Da ich erst vor Kurzem eine Krankheit auskuriert habe, belasse ich es heute bei acht Kilometern. Je nach Lust und Laune greife ich auf Podcasts oder Sport-Playlist zurück.
08.30 Uhr - Frisch geduscht geht es nun an den Essenstisch. Da ich kein großer Frühstücker bin, greife ich auf einen kleinen Shake oder frische Früchte zurück. In den letzten Wochen habe ich zudem den Entsafter für mich entdeckt, sodass ich mir nahezu täglich einen frischen Karottensaft zubereite.
Ich versuche täglich zwischen 09.30 und 10.00 Uhr im Büro zu sein. Mittlerweile lege ich den Weg zu Fuß zurück, was noch einmal ein kräftiger Bewegungsbooster ist. Die Zeit dorthin nutze ich für Kundentelefonate oder Design-Podcasts. Heute wurde das leider nichts, denn der Regen machte mir einen Strich durch die Rechnung. Faul griff ich auf einen Scooter zurück und war somit immerhin schon um 09.20 Uhr im Büro.
Ich bereite mich auf einen Teams-Call mit einem Kunden vor. Hierbei handelt es sich um ein digitales Magazin, welches sich hauptsächlich an Eltern mit Beruf richtet. Stichwort: Vereinbarkeit. In dem Gespräch müssen letzte Details wie Strategie und Zeitplan besprochen werden. Vor Meetings investiere ich eine halbe Stunde und trage den aktuellen Projektstand zusammen, bereite Antworten für eventuell auftretende Fragen auf und stelle selbst einen Fragenkatalog auf die Beine. Eine professionelle Vor- und Nachbereitung ist wichtig, um den Überblick über verschiedene Projekte zu behalten und auch in Notfällen einen kühlen Kopf bewahren zu können.
Ab 10.00 Uhr öffne ich noch einmal mein Prototyp-Tool Figma und springe in ein altes Projekt, welches nach Bitte von Kundenseite für mehrere Wochen aufgeschoben wurde. Die nun eingetroffenen Änderungen sind nur minimal, sodass ich die gesamten Anforderungen innerhalb von eineinhalb Stunden abarbeiten kann. Der Kunde erhält einen Link zum fertigen Prototypen, mit dem er einen perfekten Eindruck der neuen Website erhält. Die Seite fühlt sich dank Animationen und realem Scrollverhalten wie eine echte Internetseite an. Das war im Erstgespräch besonders wichtig, denn dieses Projekt sollte durch mehrere Abteilungen wandern, um am Ende die Freigabe zu erhalten.
11.30 Uhr - Zeit für eine kleine Pause. Dennis, Fotografen-König und best Buddy vom Tisch gegenüber und ich gönnen uns einen Kaffee im Coworking Space, quatschen über aktuelle Projekte und jede Menge privaten Kram. Während ich früher teilweise bis zu 14 Stunden ununterbrochen am Bildschirm klebte, sind mir diese kleinen Pausen heute enorm wichtig und sorgen für eine gesunde Abwechslung. Schade, dass uns dafür erst eine Pandemie heimsuchen musste.
Mittlerweile ist es 12.15 Uhr und die wichtigsten Aufgaben auf meiner To-do-Liste sind bereits abgehakt. Bis zur Mittagszeit sollten die essenziellen Sachen abgearbeitet sein, damit Kunden und / oder Team-Mitglieder die entsprechenden Informationen per Mail erhalten. Außerdem versuche ich Meetings in den Nachmittag zu legen. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass die meisten Menschen dann schneller in die Gänge kommen und das Meeting pushen, da noch andere Aufgaben auf dem Zettel stehen, die Zeit aber knapper wird.
Bis zum Mittag werte ich einen vergangenen Nutzertest aus, welchen ich vor einigen Wochen zu privaten Zwecken durchgeführt habe. Dabei geht es um Produkte im Luxusbereich mit einer sehr interessanten und kleinen Zielgruppe. Mit diesen Ergebnissen bereite ich einen zweiten und deutlich größeren Usertest vor, welchen ich in den kommenden Tagen durchführen möchte. Dabei sollen die 31 Tester den optischen Eindruck der Website und Seitenstruktur bewerten. Als User Experience Designer ist es besonders wichtig bei Nutzerumfragen die richtigen Fragen zu stellen. Der große Test soll die bereits bestehenden Vermutungen und Thesen evaluieren und neuen Input bringen.
Mittag: Bewegung & Mails
Einer der Hauptgründe für einen Umzug in ein Coworking Space war das soziale Umfeld. Ich hatte die Nase voll davon, mein Mittagessen allein vor dem Bildschirm zu verschlingen. Ich wollte andere kreative Menschen kennenlernen, lange Arbeitstage mit ihnen verbringen und eben ein tolles Mittagessen haben. Und genau das habe ich geschafft: Fast täglich wird mir die "M-Frage" gestellt. Die zentrale Lage des Büros lädt aber auch dazu ein, in der Stadt zu essen.
Habe ich früher maximal 30 Minuten mit dem Lunch verbracht, so lasse ich mir heute viel mehr Zeit. In der Regel bin ich aber rund 60-90 Minuten weg vom Bildschirm, bewege mich auch gerne nach dem Essen.
Die erste Stunde nach dem Mittagessen nutze ich für Mails. Ich lese, beantworte und archiviere eingegangene Nachrichten, telefoniere mit Kunden und koordiniere Aufgaben an andere Teams. Um nicht die Kontrolle zu verlieren, stelle ich mir dafür ein Zeitlimit von 45 Minuten - was danach nicht fertig ist, muss warten. Logisch: Ich bearbeite Mails von unten nach oben. Tipp für dich: Nahezu jedes Mail-Programm bietet sogenannte Flags, sprich Markierungen von Nachrichten. Abgearbeitete Mails erhalten ein grünes Flag. Dadurch habe ich stets den Überblick über Nachrichten, die noch nicht abgearbeitet sind.
Sind alle Mailings bearbeitet oder die dreiviertel Stunde abgelaufen, bewege ich mich noch einmal. Entweder gehe ich für 20 Minuten spazieren oder drehe erneut eine kleine Runde in den Laufschuhen. Da in meinem Büro auch Duschen vorhanden sind, ist das kein Problem. Diese Abwechslung zwischen langen Sitzphasen vor dem Bildschirm und aktiver Bewegung ist Gold wert.
14.00 Uhr - ein potenzieller Kunde stellte mir über meine Website vor einigen Tagen eine Projektanfrage, welche wir in einem Telefonat besprechen. Leider muss ich dieses Projekt von meiner Seite aus ablehnen, denn sowohl Deadline als auch Budget liegen außerhalb meiner eigenen Reichweite. Ich konnte diesen Auftrag aber an einen befreundeten Designer vermitteln, welcher gerade seine Selbstständigkeit nebenberuflich aufbaut und sich daher sehr über diesen Kunden gefreut hat.
Meetings können ganz schön ätzend sein - diese Erfahrung wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit auch schon gemacht haben. Die meisten Calls haben keine Struktur, zu viele Teilnehmer und am Ende des Tages wird häufig nichts Handfestes beschlossen. Stattdessen kommt man in 1-2 Wochen wieder zusammen und redet erneut. Daher bin ich großer Fan von Meeting-Agendas. Jeder weiß, worum es geht, was das Ziel der Besprechung ist und was von den Personen erwartet wird.
Nichtsdestotrotz versuche ich Meetings in den Nachmittag zu legen. Entscheidungen fallen deutlich leichter als am frühen Morgen und die wirklich kreative und produktive Zeit liegt schon hinter mir.
Einzige Ausnahme: Workshops sollten immer am Vormittag stattfinden, um das Nachmittagstief zu vermeiden. Hier brauche ich von allen Teilnehmern die volle Konzentration und Kreativität, um das Maximale aus dem Workshop zu holen. Bei Schulungen richte ich mich ganz nach den Bedürfnissen der Schüler, denn jeder Mensch ist individuell, ebenso sein Lernverhalten.
Um 14.45 springe ich für rund 45 Minuten in ein Buch. Weiterbildung ist mir besonders wichtig. Rund 5-6 Stunden investiere ich wöchentlich in mein eigenes Wissen. Dabei kommen Kurse, Bücher, Tutorials oder Workshops zum Einsatz. Derzeit lese ich die Lektüre "Burn your portfolio" von Michael Janda - wirklich empfehlenswert, wenn du die Design-Branche dein Zuhause nennst und keine Angst vor der englischen Sprache hast.
Wichtige Notizen speichere ich direkt in mein Lieblingstool namens Notion. Diese App nutze ich seit einigen Jahren und ist mein digitales Hirn.
15.30 Uhr: Meeting #1. Das örtliche Krankenhaus lädt zum Gespräch über die Jahresplanung 2022 ein. Wir gehen die Aktivitäten und Maßnahmen grob durch und ich freue mich unheimlich darüber, Teil des Teams sein zu dürfen und meine Expertise einfließen lassen zu können. Gemeinsamen definieren wir einen Zeitplan, um die Projekte auch realistisch abzuarbeiten. Jeder im Raum hat richtig Lust auf das Jahr.
Meeting #2 findet rund eine Stunde später, um 16.30 Uhr in den Räumlichkeiten einer Werbeagentur statt. Diese braucht für ein großes Kundenprojekt im Sommer 2022 einen Webdesigner. Den Geschäftsführer kenne ich über einen guten Bekannten, welcher mich empfohlen hat. Wir haben uns in einem anderen Meeting bereits kennengelernt und sprechen heute über das Projekt, Zeitplanung, Meilensteine und natürlich das Budget.
Nach 45 Minuten ist klar: Wir gehen das Projekt gemeinsam an, feiern dies mit einem kleinen Bierchen auf der Dachterrasse der Agentur. Der Auftrag ist spannend und anspruchsvoll, trotzdem ein Heimspiel, denn ich habe lange Jahre in der Branche des Kunden gearbeitet.
Um 17.15 Uhr mache ich heute einen frühen Feierabend. Normalerweise trifft man mich bis um sechs Uhr abends im Büro an.
Abends: Freizeit & dieser Blog
Die freien Stunden nutze ich vorwiegend für Hobbys und Erholung. Erst später am Abend setze ich mich zu Hause noch einmal an den Computer und schreibe Artikel für diesen Blog. Im Schnitt kann ich wöchentlich einen Eintrag hinzufügen. Diese Arbeit macht mir unheimlich viel Spaß, denn ich teile gerne Wissen und Tipps mit anderen.
Die meisten Blogartikel nehmen zehn Stunden Recherche in Anspruch - umfangreichere Leitfäden benötigen definitiv mehr Zeit. Ich bereite mehrere Einträge gleichzeitig vor, sodass ich auch bei Krankheit, Urlaub oder intensiven Projektphasen Lesestoff veröffentlichen kann. 60-90 Minuten täglich arbeite dafür ich an meinem Webdesign-Blog.
Meine Arbeitswoche in Zahlen
Hier findest du interessante Zahlen aus meinem Arbeitsalltag als selbstständiger Webdesigner:
im Durchschnitt arbeite ich wöchentlich 41,44 Stunden
34 % dieser Zeit geht in mein eigenes Business, 66 % der Stunden lässt sich also abrechnen
die intensivste Woche brachte 79,2 Stunden auf die Uhr
das größte Projekt im vergangenen Jahr brachte es auf über 120 Arbeitsstunden
71 % der Projektzeit verbringe ich als Freelancer im Designprozess
Im Jahr 2021 habe ich:
431 Stunden Weiterbildung betrieben
192 Stunden mit diesen Blogartikeln verbracht
90 Stunden in Meetings und Calls gesteckt
61,5 Stunden an meiner eigenen Website gearbeitet
17 Stunden mit der geliebten Buchhaltung vergeudet
Für diese Auswertungen verwende ich mein Zeiterfassungs-Tool Timely.
Tipps für einen produktiven Arbeitstag
Bis vor wenigen Jahren hatte ich noch etliche Arbeitstage, nach denen ich mich ernsthaft gefragt habe: "Junge, was hast du heute eigentlich erreicht?". In meiner WG wurde ich ständig aus dem Arbeitsfluss herausgerissen oder stand mir durch eigene Dummheit selbst im Weg. Bekanntlich ist jeder Anfang schwer, sodass ich da einen großen Schritt nach vorn gemacht habe.
Hier findest du einige Tipps, welche mich auch heute noch täglich begleiten und die ich am liebsten viel früher gekannt hätte.
Die Sache mit den Meetings
Wir alle kennen sie. Die einen lieben sie, die anderen fürchten sie: Meetings. In meiner Karriere verbrachte ich sicherlich weit mehr als 1000 Stunden in ihnen. Und ich kann dir sagen: Den Großteil dieser Zeit hätte ich mir sparen können. Besprechungen sind viel zu oft ein totaler Zeitfresser ohne richtige Strategie. Jeder soll seinen Senf dazu geben und irgendwie werden schon alle zufrieden sein. Häufig wird auch gar keine Lösung für ein bestehendes Problem gefunden. Erst einmal einen Zoom-Call einrichten, der Rest wird sich schon von allein ergeben.
Mittlerweile moderiere ich Meetings in Eigenregie. Das gibt mir die Macht der Zeit, denn ich kann die Beteiligten lenken und bei unnötigen Diskussionen einschreiten. Besprechungen mit einer Länge von 45+ Minuten machen meiner Meinung nach sowieso keinen Sinn. Ebenso XXL-Talks mit mehr als einer Handvoll Menschen im Raum. Jeder quatscht dazwischen, zum Beispiel wegen einer hohen Latenz - oder einfach aus Unfreundlichkeit.
Hole dir die wirklich wichtigen Entscheider in den Call. Definiere ein fixes Ziel und teile jedem Teilnehmer im Vorfeld mit, welche Dinge in welchem Rahmen besprochen werden müssen. Wollt ihr nicht gerade das nächste SpaceX-Projekt auf die Beine stellen, sollten 30 Minuten für eine Abstimmung locker reichen.
Mach dir klar, dass du kein Arbeitstier bist
Ein normaler Arbeitstag dauert in der Regel acht Stunden. Überprüfe doch mal, wie viele Stunden du davon wirklich produktiv arbeitest und Geld verdienst. Die Hälfte? Oder noch weniger? Das ist völlig normal, denn wir sind immer noch Menschen. Soziale Kontakte sind uns wichtig, weshalb die Kaffeeküche in jedem Büro der wichtigste Bereich ist. Hier werden Neuigkeiten ausgetauscht, getratscht und über neue Kundenprojekte gesprochen.
Manche Start-ups lassen den 8-Stunden-Arbeitstag hinter sich und finden eine flexible Lösung, um eine ideale Work-Life-Balance zu schaffen. Diese Menschen haben verstanden, dass niemand acht Stunden am Tag hochproduktiv arbeiten kann (Ausnahmen bestätigen die Regel!).
Ich weiß aber, dass dieser Fakt schnell für Demotivation sorgen kann. Ich verfalle selbst manchmal auch in diese Phasen, in denen ich mich über meine eigenen Leistungen ärgere. Die bereits oben genannten Tagebücher helfen mir, diese Tiefphasen zu identifizieren und die Gründe dafür aufzudecken. Ich steuere dann mit tollen Aufgaben oder geplanten Auszeiten dagegen und kann mich auf diese Weise wieder motivieren.
Die fünf Minuten-Regel
Sicherlich gibt es auch in deinem Arbeitsalltag Aufgaben, die du ungern erledigst. Buchhaltung, unnötige Designänderungen auf Kundenwunsch durchführen, Updates installieren. Oder du bist einfach mal unmotiviert und kommst nicht recht in die Gänge. Kenne ich alles zu gut. Ich habe in einem Buch von der Fünf-Minuten-Regel gelesen. Diese besagt Folgendes: Setze dich hin und investiere fünf volle Minuten in eine Aufgabe, die dir keinen Spaß macht, aber trotzdem erledigt werden muss. Wenn du nach diesen fünf Minuten merkst, dass du absolut keine Lust darauf hast, brichst du ab und wiederholst dieses Vorgehen am Folgetag.
Aus Erfahrung kann ich dir aber sagen: Meist ist die Unlust nach kurzer Zeit verflogen und ich ziehe es durch. Das Sprichwort "Aller Anfang ist schwer!" fasst es hier perfekt zusammen. Diese Regel kann ich dir übrigens auch für den sportlichen inneren Schweinehund empfehlen. Sportschuhe anziehen, loslaufen und wenn du nach fünf Minuten immer noch nicht willst, kannst du sofort aufhören.
Parkinsonsche Gesetz
Folgendes Szenario kennst du mit hoher Wahrscheinlichkeit aus deiner Schulzeit: Wir alle wurden damals mit Referaten von unseren Lehrern gequält. Diese Vorträge werden mit einer großzügigen Vorbereitungszeit angekündigt. Gehen wir in diesem Beispiel von vier Wochen Vorbereitung aus. Das ist fast ein ganzer Monat, um einen 15-minütigen Vortrag auszuarbeiten. Wie viel Zeit steckt in diesem Referat? Vielleicht zehn Arbeitsstunden?! Auf die vier Wochen gerechnet wären dies knappe 20 Minuten Recherche am Tag. Stattdessen lassen wir die Zeit durchs Land fliegen und erinnern uns am Vorabend an ebendiesen Vortrag. Nun sind aus 28 Tagen nur noch wenige Stunden geworden und trotzdem erledigen wir die Aufgabe.
Das parkinsonsche Gesetz besagt:
"Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit zu ihrer Erledigung zur Verfügung steht."
Mein Tipp also: Gehe realistisch an deine Zeitplanung und gebe manchen Aufgaben bewusst weniger Zeit, um sie zu erledigen. Weitere Informationen zum Parkinsonschen Gesetz findest du im Artikel von karrierebibel.de.
Blockiere dir feste Zeiten
Du glaubst gar nicht, wie schwer es mir am Anfang fiel, mich für das Schreiben dieser Blogartikel zu begeistern. Obwohl ich keine volle Auslastung hatte, waren andere Dinge immer wichtiger. In einem SEO-Podcast wurde ebendiese Thematik angesprochen und folgender Tipp gegeben:
"Um die Sache ins Rollen zu bringen, habe ich mir für die kommenden sechs Wochen täglich eine Stunde Zeit geblockt, um an meinem Blog zu arbeiten. Nach dieser Zeit brauchte ich keine Zeitblocker mehr, denn die Routine hat voll zugeschlagen und ich schrieb sogar deutlich mehr als diese 60 Minuten."
Ich habe das Ganze sofort ausprobiert und muss sagen: Es klappt! Ich habe diese Zeit nur für eine einzige Aufgabe bereitgestellt und angefangen. Es entstanden Blogartikel mit über 6000 Wörtern, was mir unfassbar viel Spaß bereitete.
Kommst du mit einem Projekt oder einer Aufgabe nicht so recht in die Gänge, solltest du diese Methode für ein paar Wochen ausprobieren. Ich bin mir sicher, dass es dir danach deutlich einfacher fällt am Ball zu bleiben.
Ausreden wie "aber ich hab doch keine Zeit" haben übrigens keine Gültigkeit, denn in diesem Fall liegen deine Prioritäten einfach bei ganz anderen Sachen.
Sag auch mal “Nein”!
Gerade als Freelancer möchte man es sich bei seinen Kunden ungern verscherzen. Dies hat zur Folge, dass man auch ungeliebte Aufgaben annimmt. Ich kann diese Denkweise durchaus nachvollziehen, macht sie dich aber über einen langen Zeitraum nur unglücklich. Du solltest daher bei jedem Kunden die Möglichkeit haben, offen und ehrlich ein "Nein" auszusprechen. Die Gründe sollten natürlich plausibel klingen.
Frage dich immer Folgendes:
"Wenn ich Angst vor der Reaktion nach einem "Nein" meinerseits habe, ist es dieser Kunde überhaupt wert, mit mir zusammenzuarbeiten?"
Manch kreativer Freelancer hat Existenzängste, besonders in diesen verrückten Zeiten. Trotzdem solltest du langfristig auch an deinen eigenen Werten festhalten und eine gesunde Beziehung zu deinen Kunden aufbauen - ohne Angst vor Konsequenzen.
Als Webdesigner habe ich schon vor vielen Jahren meinen absoluten Traumjob gefunden. Natürlich gibt es auch Phasen, in denen die Arbeit stressig ist, aber im Großen und Ganzen habe ich einen entspannten Arbeitsalltag. Dies ist neben der Erfahrung auch der eigenen Einstellung zu verdanken. Nach jedem Wochenende freue ich mich auf die nächste Arbeitswoche und neuen Herausforderungen.
Dabei habe ich den Vorteil, dass ich als Webdesign-Freelancer selbst über meine Kundenaufträge bestimmen kann. Ich bin glücklicherweise nicht darauf angewiesen, jedes Projekt zwingend anzunehmen, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Allen für diesen Umstand bin ich sehr dankbar, denn ich weiß, dass es viele Menschen in der Kreativbranche gibt, die Geldsorgen haben.
Wenn du nur eine Sache aus diesem Artikel mitnehmen kannst, dann hoffentlich der Tipp, dich und deine Arbeit in regelmäßigen Abständen selbst zu reflektieren. Dieser Schritt hat mir persönlich eine Menge Klarheit und Fokus auf die wirklich wichtigen Themen und Projekte gebracht.
* Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen wird zwar nur die männliche Form genannt, stets aber die weibliche Form gleichermaßen mitgemeint. Menschen jeglichen Geschlechts sind mir als Leser*innen herzlich willkommen 🌈❤️
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